Nahrungsergänzungsmittel im Trend: Ein gefährlicher Boom?
Von der Unterstützung der Knochengesundheit bis zur Heilung von Krankheiten – die Versprechen rund um Nahrungsergänzungsmittel klingen verlockend. Doch Monika Rau, Internistin am Universitätsklinikum Würzburg, warnt davor, diese Produkte als harmlos zu betrachten. „Nahrungsergänzungsmittel sind keine zugelassenen Arzneimittel, sondern Lebensmittel. Sie werden daher nicht auf Sicherheit und Qualität geprüft“, erklärt sie.
Verbraucherschützerin Sabrina Göddertz ergänzt, dass viele Präparate überdosierte Inhaltsstoffe enthalten und häufig die empfohlene Tagesdosis überschreiten. Irreführende Werbung verstärkt das Problem und lässt Verbraucher an unbewiesene Vorteile glauben.
Trotzdem erfreuen sich die Produkte wachsender Beliebtheit. Laut einer Statista-Umfrage, bei der über 5.000 Personen befragt wurden, nehmen 75 % der Deutschen Nahrungsergänzungsmittel ein. Vitamine liegen mit 58 % an der Spitze, gefolgt von Mineralstoffen (34 %) und Proteinen (20 %).
Vorsicht bei diesen Vitaminpräparaten: Mehr Schaden als Nutzen
Einige der beliebtesten Vitamine sind nicht nur überflüssig – sie können bei Überdosierung sogar schädlich sein.
1. Vitamin C
Obwohl Vitamin C als Immun-Booster gilt, hat die Forschung gezeigt, dass es weder Erkältungen noch andere Krankheiten verhindert. Hohe Dosen können stattdessen die Bildung von Nierensteinen fördern. Ohne einen diagnostizierten Mangel ist die Einnahme daher nicht sinnvoll.
2. Vitamin E
Vitamin E wurde lange Zeit eine krebspräventive Wirkung zugeschrieben, die jedoch nie bewiesen wurde. Eine Studie mit 36.000 Männern zeigte sogar ein erhöhtes Risiko für Prostatakrebs bei der Einnahme von Vitamin-E-Kapseln. Langfristig hohe Dosen können zudem Verdauungsprobleme, Muskelschwäche und Blutgerinnungsstörungen verursachen.
3. Vitamin B3 (Niacin)
Niacin wurde einst als Schutz für Herz und Gehirn gepriesen. Doch eine Studie mit 25.000 Herzpatienten zeigte, dass es weder Herzinfarkte noch Schlaganfälle verhindert. Im Gegenteil: Bei den Testpersonen traten häufiger Leberschäden und innere Blutungen auf.
Im besten Fall führt die unnötige Einnahme von Vitaminen zu „teurem Urin“, erklärt Ernährungsexpertin Wiebke Franz. Im schlimmsten Fall gefährden überdosierte oder kontaminierte Präparate die Gesundheit.
Vitamine, die wirklich helfen
Während die meisten Vitamine über eine ausgewogene Ernährung aufgenommen werden können, gibt es einige Ausnahmen, bei denen Nahrungsergänzungsmittel sinnvoll sein können:
1. Vitamin D
Das „Sonnenvitamin“ ist entscheidend für die Knochengesundheit, da es die Kalziumaufnahme fördert. Der Körper kann Vitamin D selbst durch Sonnenlicht bilden, aber im Winter ist die Versorgung oft knapp. Experten empfehlen daher in der dunklen Jahreszeit eine tägliche Ergänzung, um einem Mangel vorzubeugen.
2. Folsäure
Dieses essenzielle B-Vitamin unterstützt die Blutbildung, Zellteilung und Wachstumsprozesse. Besonders für Schwangere oder Frauen mit Kinderwunsch ist eine ausreichende Versorgung entscheidend, da ein Mangel zu schweren Fehlbildungen wie Neuralrohrdefekten beim ungeborenen Kind führen kann. Obwohl Folsäure in Lebensmitteln wie grünem Gemüse und Hülsenfrüchten enthalten ist, reicht die Ernährung oft nicht aus, um den Bedarf zu decken.
3. Vitamin B12
Vitamin B12 ist unverzichtbar für die Zellteilung, Blutbildung und Nervenfunktion. Während Fleischesser in der Regel ausreichend versorgt sind, benötigen Veganer unbedingt ein Supplement, da pflanzliche Lebensmittel kein B12 enthalten.
Fazit
Quelle: Focus Online